Zögern
Schnell zeigten nicht nur Finger grüner Mitglieder auf mich, sondern sowohl Mitarbeitende der Verwaltung wie auch viele Menschen in der Stadt sprachen mich darauf an. Ich muss sagen: es brauchte in mir etwas Zeit. Ein Oberbürgermeister hat eine so umfassende Verantwortung für seine Stadt, eine solche Fülle an Möglichkeiten – und ja, auch Macht – dass ich mir für mich in den kommenden Jahren etwas anderes gewünscht habe: als Dezernent weiter meine Arbeit machen zu dürfen und zu können.
2015
Außerdem habe ich schon einmal kandidiert – 2015, als wir die größte Oppositionspartei gegen eine ewige Große Koalition aus CDU, SPD und FWG waren. Viel zu jung und weit entfernt davon, bereit zu sein, ging es uns als Grünen und mir um das Setzen von Inhalten. Den städtischen Wohnungsbau, Klimaschutz, die Verkehrswende. Damals habe ich erlebt, was schwer zu ertragen war. Das Gerede über die eigene Frisur, die Kleidung, die Figur – das alles nervt ehrlich gesagt, verletzt auch, und es prägte für einige Menschen ein Bild von mir. Ich bin ehrlich gesagt nicht scharf auf diesen Teil des Wahlkampfes.
Es geht um Landau
Wenn ich gegeneinander abwäge, was dafür und was dagegen spricht, dann ist die Entscheidung klar. Dann geht es um Landau. Und Landau kommt immer zuerst.
Bei meiner täglichen Arbeit als Dezernent begegnen mir immer wieder drei Themen, die für uns als Kommune für das kommende Jahrzehnt von entscheidender Bedeutung sind:
Verkehrswende für Klimaschutz
Wir kommen gut voran bei dem Ziel, Fuß- und Radverkehr sicher und bequem zu machen. In einem Jahr startet das neue Stadtbussystem, das die komplette Stadt flexibel und dicht getaktet erschließt. Und mit dem Start des kommunalen Blitzens im nächsten Jahr geht ein Wunsch vieler endlich in Erfüllung. Wenn wir so weiter machen, wird die Mobilität in Landau bis Ende des Jahrzehnts klimagerecht funktionieren. Aber als Zentrum in einer ländlichen Region, in der viele Menschen auf ein Auto angewiesen sind, darf das nicht so bleiben. Ganz auflösen können wir es wohl nie, aber es braucht ein Konzept für die Pendlerinnen und Pendler der Südpfalz. Daran arbeite ich.
Wohnen und Sozialpolitik
Wohnen ist die wichtigste sozialpolitische Frage in kommunaler Verantwortung. Landau bietet so viel, dass der demografische Wandel hier nicht zu einer Abnahme der Bevölkerungszahlen sorgen wird. Eher werden sich mehr und mehr Menschen für den Ort entscheiden, der an Infrastruktur bei Gesundheit, Bildung, Freizeit, Kultur, Sport, Handel und Gastronomie quasi alles bieten kann. Bei gleichbleibendem Angebot und stärkerer Nachfrage werden die Preise immer weiter steigen und gerade die, auf die wir Grüne besonders achten, werden durch steigende Preise und Mieten verdrängt – und zwar weg von der Infrastruktur, die gerade die Ärmeren am Dringendsten bräuchten.
Bei der Frage, habe ich mittlerweile den Eindruck, verzetteln wir uns. In einem Villenviertel werden Instrumente genutzt, um mehr Wohneinheiten zu verhindern, im Horst dagegen nicht, obwohl es dort die Nachbarn sind, die sich artikulieren. Selbst wenn man, wie ich, für Nachverdichtung ist, kann man nicht beide Entscheidungen gut und richtig finden. In Dörfern wird versucht, Innenentwicklungsprojekte zu verhindern, während man gleichzeitig nach Neubaugebieten ruft. Und beim geförderten sozialen Wohnungsbau kommt das Ende der Mietpreisbindung nach einigen Jahren.
Ausgeglichener Haushalt
Während wir bei der Verkehrswende viel mit wenig Geld erreichen können, indem wir geschickt das Ordnungsrecht nutzen, brauchen wir beim Wohnungsbau städtisches Geld. Denn städtische Wohnungen fallen aus keiner Mietpreisbindung, sie werden nicht irgendwann als Eigentumswohnungen verkauft und wir können sie ohne Ansehung von Namen, Geschlecht, Herkunft, Familienstand, Beruf in den kommenden Jahrzehnten vermieten. Um sie bauen zu können, müssen wir den Haushalt endlich ausgleichen.
Seit ich in Landau Politik mache, hatten wir immer zwischen 12 und 20 Millionen Euro geplantes Defizit. Und bis auf das Krisenjahr 2020 hatten wir trotzdem immer ein positives Jahresergebnis. Nun planen wir mit gerade einmal einem Verlust von 3,7 Millionen Euro. Wenn wir die noch ausgleichen, dann ist die Landauer Stadtpolitik frei.
Denn noch kontrolliert uns die Aufsichtsbehörde. Sie schränkt Möglichkeiten ein, weil sie auf dem Haushaltsausgleich in der Planung besteht und das Ergebnis keine so große Rolle spielt. Wer mehr städtische Wohnungen will oder auch Ideen wie den LandauPass umgesetzt sehen möchte, muss den Haushaltsausgleich umsetzen. Es braucht dann immer noch Disziplin. Aber die Stadtpolitik kann das schaffen.
Ein hartes Jahr
Wir werden noch viel über diese Wahl sprechen, über fairen Wahlkampf, Inhalte, Wahltermin. Jetzt aber ist schon klar: das kommende Jahr wird anstrengend. Man wird alles, was ich als Dezernent oder die GRÜNE Stadtratsfraktion tun (oder auch nicht tun) als Wahlkampf verstehen (wollen). Die Prozesse unseres politischen Systems bringen Akteurinnen und Akteure tatsächlich dazu, sich häufig vor Wahlen anders zu verhalten. Geht euch das auch so wie mir, das furchtbar zu finden?
Ich werde deshalb Kurs halten. Klimaschutz und Verkehrswende dulden keinen Aufschub. Sobald ein Wahltermin terminiert wurde, werde ich mich auf einer Mitgliederversammlung der GRÜNEN zur Wahl stellen, um Kandidat zu werden. Die Unterstützung gestern hat mich sehr gefreut wie auch gerührt, aber formal steht jedem Grünenmitglied die Kandidatur offen und die Grünenmitglieder werden dann entscheiden. Und sobald das soweit ist, geht es los.
Mit Mut und Argumenten können wir als pragmatische Idealisten gewinnen. Dabei bitte ich schon heute um Eure Hilfe – denn ohne Euch wird das nichts. Die große Stärke der Landauer GRÜNEN ist und bleibt unsere Geschlossenheit.
Lukas