Südpfalzbahn

Mit Rad-, Bus- und Fußverkehr kriegen wir die Verkehrswende in Landau für die meisten hin. Aber Pendlerinnen und Pendler haben andere Strecken und Bedürfnisse. Für sie brauchen wir eine Alternative, auch als Beitrag zum Klimaschutz. Die Idee der #Südpfalzbahn kann das sein.

Pendlerinnen und Pendler

Sechsundzwanzigtausend Menschen pendeln jeden Tag nach Landau oder aus Landau raus. Die allermeisten sind in unserer ländlichen Region auf ein Auto angewiesen. Um zur Arbeit zu kommen, legen viele von ihnen zehn, zwanzig, dreißig oder mehr Kilometer zurück. Auch wenn viele das Autofahren auch entspannend finden – mindestens genauso viele sind von den Jahren an Zeitverlust und Stress genervt. Täglich mit dem Auto über die B272 nach Speyer? Bedeuten eine Stunde Lebenszeit. Aber mit dem öffentlichen Verkehr würde man drei Stunden brauchen. Noch gibt es keine echte Alternative.

Die Südpfalz hat ein Herz

Die Südpfalz war einst als Mittelpunkt der Region nicht nur Knotenpunkt für Bahnstrecken nach Pirmasens, Neustadt und Karlsruhe. Mit Landau-Rohrbach-Klingenmünster, Landau-Germersheim und Landau-Offenbach-Herxheim gibt es heute sogar drei aufgegebene Strecken, von denen zwei noch für den Bahnverkehr „gewidmet“ sind. Landau-Germersheim und Landau-Offenbach-Herxheim könnten relativ schnell wieder flott gemacht werden. Sie wären die fehlenden Ost-Verbindungen in der Südpfalz, die entscheidend wären für die Stärkung der Bahn in unserer Region.

…sie braucht eine Bahn

Mittel- bis Langstrecken sind mit der Bahn konkurrenzlos gut zu bewältigen. Das unabhängige Schienennetz ohne Ampeln, Kreuzungen, Staus oder andere Probleme, die der motorisierte Verkehr auf den Straßen hat, kann selbst bei einer niedrigeren Höchstgeschwindigkeit sehr viele Menschen schnell bewegen. Mit den zu reaktivierenden Strecken, mit denen sich das Herz der Südpfalz mit der Nord-Süd-Schienentrasse im Osten verbinden lässt, entstünde außerdem ein Netz, das noch deutlich mehr Vorteile hat, als jede Strecke mit ihrer Taktung für sich genommen.

Hier eine Variante, wie ein Liniennetzplan der Südpfalzbahn eines Tages aussehen könnte.

Karlsruher Verkehrsverbund als Chance

Der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) mit der „Albtal-Verkehrs-Gesellschaft“ (AVG) entstand einst, als die Bahn viele Strecken um Karlsruhe aufgeben wollte. Man entschied, diese Strecken selbst mit Zügen zu bedienen. Aus dem anfänglich umstrittenen Konzept wurde ein Erfolgsrezept, das weit nach Baden-Württemberg hineinragt: Baden-Baden, Freudenstadt, Pforzheim, Bruchsal, Heilbronn und andere sind direkt angebunden. Das Netz und die Fahrzeugflotte wurden stets erweitert. Und: Es besteht der Wunsch, sich auszuweiten. Das Konzept der „Stadtbahn“, also zusätzlicher kommunaler Züge zumeist auf eigenen Schienen, ist auf der anderen Rheinseite ein Erfolg.

Wörth und Germersheim als Vorbild

Auf pfälzischer Seite haben sich Wörth und Germersheim für den KVV und damit die AVG entschieden. Sie gingen sogar in Vorleistung, haben kommunales Geld für zusätzliche Züge investiert. Es war eine gute Investition – auch für den Wirtschaftsstandort. Das weitgehende umsteigefreie Pendeln mit dem Zug hat für viele Menschen viel zum Besseren verändert. Diesen Ansatz aufgreifend könnte die Südpfalz gemeinsam und gestärkt aus diesem Prozess hervorgehen.

Die AVG ist die Karlsruher Stadtbahn, die weit ins baden-württembergische hineinfährt. Wörth und Germersheim machen schon mit, Landau könnte das auch. Alle Gewerbegebiete und Wohngebiete mit Bahnanschluss haben gewaltig profitiert.

Zusätzliche Haltestellen in Landau

Im Landauer Stadtgebiet wären zusätzliche Haltestellen denkbar und wichtig. Im Landauer Norden zum Beispiel, in der Nähe des heutigen Kigoma-Marktes, im Horst, in Dammheim und Mörlheim, für die Wollmesheimer Höhe und die dortige Kreisverwaltung Südliche Weinstraße, aber auch am Sportcampus und für die Gewerbegebiete D9 und D12. Überall dort gibt es ausreichend Platz und entweder genügend Arbeitsplätze oder Anwohnerinnen und Anwohner, um eine Haltestelle zu rechtfertigen.

Die Taktung ist entscheidend

Lange schon möchte die Südpfalz eine Reaktivierung der Bahnstrecke Landau-Germersheim. Wenn sie kommt, wird es aber nur einmal pro Stunde eine Verbindung von Germersheim nach Landau und umgekehrt geben. Wir sehen heute schon in Annweiler und Godramstein, was eine einstündige Taktung bedeutet: Sie ist zu unattraktiv, um vielen Menschen zu helfen. Pendlerinnen und Pendler können es sich nicht leisten, bei einem ausgefallenen oder verpassten Zug eine Stunde zu spät zu kommen. Deshalb müssen wir dafür kämpfen, so schnell es geht mindestens eine 30-Minuten-Taktung hinzubekommen. In einem zweiten Schritt dann eine dritte Verbindung pro Stunde.

Durchleitung am Hauptbahnhof

Um diese Taktverbesserungen hinzubekommen, können Prozesse verbessert werden. Beispielsweise kommt der Zug aus Pirmasens so am Landauer Hauptbahnhof an, dass er 30 Minuten mit Zugführerin warten muss. Wenn die Strecke nach Germersheim reaktiviert wäre, wäre es nur sinnvoll, diesen Zug über Landau-Nord, Horst und Dammheim nach Bornheim weiterzuleiten. Diese vier Haltestellen hätten zusätzliche Zugverbindungen und sie müssten nicht umsteigen, um beispielsweise auf die Wollmesheimer Höhe zu kommen. Ebenso sollte nach der Reaktivierung der Zug aus Herxheim nicht mehr wie früher am Landauer Hauptbahnhof enden, sondern möglichst weiterfahren nach Edenkoben-Neustadt oder Bornheim-Germersheim. So wird es einfacher und komfortabler, die Bahn zu nutzen – ohne dass unbedingt wesentliche Zusatzkosten verursacht werden.

Ein Blick auf Landau: Mit zusätzlichen Haltestellen für WoHö, Sportcampus, Landau-Nord, Horst, Dammheim, Mörlheim und die Gewerbegebiete D9 und D12 könnte die Südpfalzbahn auch innerstädtisch viel erreichen. Alle 20 Minuten von Godramstein in den Horst? Wäre möglich.

Landau wäre gut, Südpfalz wäre besser

Weite Teile dieses Ansatzes wären auch auf Landauer Gemarkung allein denkbar, um unseren städtischen öffentlichen Verkehr zu verbessern. Doch als gemeinsames Projekt würden wir alle profitieren. Wir sollten die verbesserte Mobilität zwischen uns als Chance begreifen – auch für den Tourismus.

Warum nicht Busse?

Mehrfach ist mir die Frage gestellt worden, warum wir nicht einfach mehr Busse schicken. Abgesehen davon, dass Busse im Morgenverkehr (und im Feierabendverkehr) genauso wie alle anderen im Stau stehen: Morgens ist in Deutschland quasi jeder Bus und jeder Busfahrer unterwegs, um die Schülerinnen und Schüler zu transportieren. Wer einmal mit einem Schulbus gefahren ist, weiß, warum da kaum eine Arbeitnehmerin einsteigt. Sie sind überfüllt und zusätzliche Kapazitäten schwer hinzukriegen. Eine Bahn dagegen ist mit den Gleisen unabhängig vom übrigen Verkehr, kann mehr Personen bequemer und schneller transportieren und ist auch für weite Strecken geeignet.

Mehr Züge auf bestehenden Strecken

Im Zuge der Recherchen zu dem Themenkomplex „Bahnverkehr in der Südpfalz“ stieß ich auf (ehemalige) Mitarbeiter der Bahn mit Jahrzehnten an Erfahrung. Sie erzählten, dass die Signalisierung für die Zugführer in der Region veraltet ist und die deutsche Bahn sie nicht modernisieren wollte. Das führe dazu, dass bisher nur ein einziger Zug zwischen Winden und Landau unterwegs sein kann. Mit einer besseren Signalisierung könnte diese Zahl verdreifacht werden, ohne ein weiteres Gleis bauen zu müssen.

Neue Strecken

Über das bestehende Streckennetz ist Landau zu einem großen Teil erschlossen. Die Gewerbegebiete Im Grein, im Horstring und im Gewerbepark Mitte liegen an Bahnstrecken, ein Großteil unserer Bevölkerung und vier Stadtdörfern ebenfalls. Nur im Landauer Nord-Westen gibt es eine Lücke mit wichtigen Zielen, wie Universitätscampus, städtisches Krankenhaus, Bethesda und Berufsbildende Schule. Hier halte ich den Neubau eines kurzen Stücks Straßenbahn für prüfenswert.

Zeithorizont

Wir werden mindestens ein Jahrzehnt brauchen, um die wesentlichen Teile dieser Idee umzusetzen. Aber wenn wir jetzt nicht loslegen, wird es in zehn Jahren immer noch zehn Jahre brauchen. Deshalb kämpfe ich für eine Machbarkeitsstudie, die die unterschiedlichen Teilideen der Südpfalzbahn skizziert, in eine sinnvolle Reihenfolge einordnet und Kosten ermittelt. Diese zu erarbeiten, dauert anderthalb Jahre. Wenn wir sie jetzt in Auftrag geben, ist sie rechtzeitig zur kommenden Kommunalwahl verfügbar. So könnten die Gemeinderäte eine sinnvolle Entscheidung treffen. Priorität jeder Überlegung hat aber die Reaktivierung Landau-Germersheim gefolgt von der Reaktivierung Landau-Offenbach-Herxheim.

Finanzierung

Die Bundesrepublik kennt mehrere Förderprogramme, die teilweise über 90 Prozent der Kosten für kommunale Bahnprojekte übernehmen. Um die trotzdem nötigen Eigenmittel aufzubringen, ist ein Haushaltsausgleich und eine klare Prioritätensetzung wichtig. Der öffentliche Nahverkehr wird auch mit einer Stadtbahn kein sich finanziell selbst tragendes System. Dazu sind die Subventionen für das Autofahren zu hoch und die Ticketpreise in Relation zu den Fahrgastzahlen günstig. Aber wir würden als Standort profitieren und auch den Menschen eine viel günstigere Alternative für ihre Mobilität zur Verfügung stellen.

Klimaschutz

Während die Bahn schon seit gut einem Jahrhundert bestens mit Strom funktioniert, ist Elektromobilität in ein bis zwei Tonnen schweren Fahrzeugen weiterhin umstritten. Doch die Verkehrswende als Klimaschutzprojekt braucht mehr als nur eine Antriebswende. Weil eine Bahn das leisten kann, was hunderte Autos braucht, ist sie eine unserer größten Chancen, auch den Ausstoß von Treibhausgasen erheblich zu reduzieren.

Probleme auf dem Weg

Ich will nicht so tun, als sei das alles leicht und einfach. Das ist es nicht. Bei Offenbach ist die Bebauung nah an die Bahnstrecke herangerückt. Bei Herxheim ist die Trasse zum alten Bahnhof sogar überbaut. Die Strecke nach Klingenmünster ist schon so lange verschwunden, dass die meisten älteren Menschen sich schon nicht mehr erinnern können. Es wird Anwohnerinnen und Anwohner geben, die Lärm befürchten, auch wenn insgesamt die Lärmbelastung natürlich durch die Südpfalzbahn sinken würde. Das Ergebnis würde sich aber lohnen.

Autos und Züge

Und ja, am Ende des Prozesses, wenn alle Strecken da wären, überall mindestens alle 20 Minuten eine Bahn fährt, alle Haltestellen gebaut sind und tausende Menschen jeden Tag die Südpfalzbahn benutzen, wird es immer noch viele geben, die auf ein Auto angewiesen sein werden. Sie werden aber weniger Stau erleben, mehr freie Parkplätze finden und vielleicht selbst mit ihrem Auto zur nächsten Bahnstrecke fahren, um dort umzusteigen. Deshalb müssten wir größere Parkplätze an den geeigneten Bahnhöfen mitdenken. Aber eine hoffnungsvolle Nachricht kann ich in Aussicht stellen: Es ist möglich, dass wir mit der Südpfalzbahn die Schließzeiten an den ebenerdigen Landauer Bahnübergängen reduzieren können. Auch das würden wir im Zuge des Projekts prüfen lassen.

Die Südpfalz hat ein Herz. Sie braucht eine Bahn. Südpfalzbahn.

Die Südpfalzbahn wäre das große Infrastrukturprojekt für unsere Region in diesem Jahrzehnt. Zuallererst für die Pendlerinnen und Pendler, dann für die Verkehrswende und den Klimaschutz brächte sie große Vorteile. Landau, als Südpfalzmetropole das Herz der Region, muss hier klar und entschlossen Stellung beziehen. Denn wie so oft in der Kommunalpolitik: Wenn wir nur warten, bis andere unsere Probleme lösen, werden sie nicht gelöst. Wir müssen es selbst machen – und dabei mutig sein.

Lukas

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