Aus Familienpass wird LandauPass

Den Familienpass zu einem LandauPass weiterzuentwickeln war schon letztes Jahr ein großes Thema im Stadtrat. Wie man das hinkriegen kann, welche Aspekte da zu bedenken sind und welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um die soziale Teilhabe von den Menschen sicherzustellen, die unsere Solidarität brauchen, ist die eine Hälfte dieses Textes. Die andere beschäftigt sich damit, wie Oberbürgermeister und Stadtrat miteinander arbeiten sollten. Beides sind wichtige Themen für unsere Stadt.

Seit dem 6. November 2019 darf ich Dezernent der Stadt Landau sein. Keine Aufgabe hat mich bisher so begeistert, keine hat mir so viel bedeutet. Selten nur Stand die Mehrheit des Stadtrates einerseits und der amtierende Oberbürgermeister andererseits sich so unversöhnlich gegenüber wie beim LandauPass. Selten habe ich eine Debatte beobachtet und beiden Seiten bei ihren widerstreitenden Kernargumenten so Recht gegeben.

Familienpass in Landau

Unsere Stadt hat eine unterstützende Karte, die für einen Betrag von 25 Euro Eintritte und Angebote in Zoo, Freibad, Stadtbücherei, Kulturprogramm, Haus der Familie, Volkshochschule, Haus der Jugend, im Reptilium und anderen Institutionen preislich deutlich reduziert. Diese Preisreduktion steht Alleinerziehenden, Menschen ohne Arbeit mit Kindern sowie Familien mit drei Kindern offen. Mittlerweile haben Analysen gezeigt, dass deutlich weniger als jede zehnte antragsberechtigte Familie dieses Angebot in Anspruch nimmt, das soziale Teilhabe ermöglichen und unterstützen soll.

Links-Grün-Rot-Salzig

Auf Initiative der LINKEN entstand ein gemeinsamer Antrag zur Entwicklung eines „LandauPass“. Er sollte das Angebot und die Vergünstigungen ausweiten, beispielsweise auf das Busfahren, und auch für ältere Menschen wie auch für Kinderlose offenstehen. Außerdem gibt es seit Jahren immer wieder Kritik an der 3-Kinder-Grenze, die die vielen Familien mit einem oder zwei Kindern ausschließt. Gestellt haben den Antrag schlussendlich Grüne, Sozialdemokraten, Linke und PS.

Exkurs: Koalition und andere Mehrheiten

Der Koalitionsvertrag der Landauer Stadtratsmehrheit erlaubt explizit auch das Suchen anderer Mehrheiten und entsprechende Kooperationen zwischen den Parteien. Bedingung ist, dass nicht gegen gemeinsam vereinbarte Projekte gearbeitet wird. Außerdem gebietet es schon das gute Miteinander, dass sich Koalitionsfraktionen informieren, wenn so etwas zustande kommt. Das ist auch beim LandauPass passiert. CDU und FDP hätte auch die Möglichkeit offen gestanden, an der Erarbeitung des Antrages mitzuarbeiten.

Oberbürgermeister und Schwarz-Orange-Gelb

Unser amtierender Oberbürgermeister, Thomas Hirsch (CDU), hat sich schon in seiner Zeit als Bürgermeister sehr im Feld der Sozial- und Familienpolitik engagiert. Insbesondere die Kitaversorgung und Familienfreundlichkeit waren seine Themen, für die Landau vom Land Rheinland-Pfalz ausgezeichnet wurde. Ich nahm es damals so wahr, dass er den Antrag auch als Angriff auf seine Arbeit empfand, was aber nur die persönliche Ebene der Situation betrifft – nicht jedoch die politische. Ungünstig war diesbezüglich auch die Art und Weise, wie der Antrag damals in die Debatte eingebracht wurde.

Gesetzliche Standards überschreiten

Inhaltlich nahm der Oberbürgermeister und mit ihm die Fraktionen von CDU, FWG und FDP die Position ein, dass eine Ausweitung des Familienpasses den „freiwilligen Leistungsbereich“ des Haushaltes ausweiten würde, was wir nicht dürfen. Gemeint sind damit Ausgaben, für die keine gesetzliche Grundlage existiert. Solange wir einen unausgeglichenen Haushalt haben, darf die Stadt nur sehr begrenzt über gesetzliche Mindeststandards hinausgehen. Alles andere würde die Aufsichtsbehörde untersagen.

Wenn beide Seiten Recht haben

Womit wir an dem Punkt waren, an dem beide Seiten Recht hatten. Solidarität ist keine Frage der Anzahl an Kindern. Auch ältere Menschen, Kinderlose und Paare mit einem oder zwei Kindern können unsere Solidarität brauchen. Und sicher gibt es auch Paare mit drei Kindern, die auf Vergünstigungen beim Zoobesuch nicht angewiesen sind. Gleichzeitig hatte der Oberbürgermeister aber auch Recht, dass ohne einen ausgeglichenen Haushalt die deutliche Ausweitung nicht ging.

Stadtratsmehrheiten gegen Dezernenten

Langfristig tut es einer Stadt nicht gut, wenn Stadtrat und Oberbürgermeister gegeneinanderstehen. An diesem Punkt entzündete sich ein wochenlanger Streit, bei der die eine Seite das Gefühl hatte, die Ratsbeschlüsse würden nicht umgesetzt, und die andere Seite, Grundlagen der Ratsarbeit (Haushaltsrecht) würden ignoriert.

Als Dezernent ist es mir wichtig, Projekte nicht nur mit der Koalitionsmehrheit zu beschließen. Beim Stadtbussystem, König- und Waffenstraße, dem neuen Parkraummanagement, dem Klimaanpassungskonzept und vielen anderen kleinen und großen Themen ist mir das gelungen. Das würde auch beim LandauPass gelingen – wenn wir den Haushalt ausgleichen. Das ist die wichtige Voraussetzung für die Umsetzung des LandauPasses – und natürlich auch für weitere Projekte.

Günstiger Busfahren

Ein großes Thema, das ich als Verkehrsdezernent zu bearbeiten haben werde, ist das Busfahren. Im Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) gibt es seit Kurzem die Möglichkeit, dass eine Stadt die Beförderungskosten für Menschen übernimmt. Denkbar ist das für bestimmte Gelegenheiten wie an Stadtfesten, Wochenenden oder bei einer Dorfkerwe. Da jedes Mal die Kosten eines Einzeltickets abgerechnet werden, kann das schnell sehr kostenintensiv für die Stadt werden. Aber Menschen mit dem LandauPass beispielsweise die Monatskarte zu vergünstigen, um Mobilität in der ganzen Stadt zu ermöglichen, wäre eine gute Maßnahme, um die soziale Gerechtigkeit in unserer Stadt zu stärken.

Lukas

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